In eigener Sache 2 - Whisky & Stone 2018

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In der Falle ?

„Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, dass ich Angst hatte, ich lief weiter
und war glücklich, dass ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell
aufeinander zu,dass ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“
„Du musst nur die Laufrichtung ändern“,sagte die Katze und fraß sie
 
Das ist die Kleine Fabel von Franz Kafka. Veröffentlicht im Jahr 1920.
Die Kurzgeschichte trifft unsere derzeitige Misere sehr gut.
Wir stecken auch in der Falle. Das Corona-Virus treibt uns voran, hinter uns die Toten, vor uns die Rezession.
 
Um aus dieser Falle des Jahres 2020 heraus zu gelangen, brauchen wir Eliten, die es wert sind, dass wir sie so nennen.
Wir brauchen Politiker, Unternehmer und Manager, die im Sinne der Gemeinschaft agieren.
 
Eliten aus Politik und Wirtschaft müssen sich beweisen.
 
Wir müssen raus aus dieser Falle. Wir brauchen eine neue Normalität. Vielleicht brauchen wir Massentests, Maskenpflicht,
Handytracking und Virenschleusen vor öffentlichen Einrichtungen, all das ist besser zu ertragen als dieser Stillstand.
Das alles ist besser – um noch einmal im Stil der Fabel zu sprechen – als weiter wie das Kaninchen erstarrt
vor der Schlange zu sitzen.
 
Die Eliten aus Politik und Wirtschaft sollten deshalb alsbald beweisen, dass sie zu Recht zu den Eliten zählen.
Sie sollten Führungsqualitäten an den Tag legen. Wofür haben wir die einen schließlich gewählt?
Wofür bekommen die anderen gewaltige Gehälter?
 
Die Eliten sollten uns nichts vormachen – weder durch gewaltige Worte noch durch Verschweigen.
Die großen Worte von Bundesfinanzminister Olaf Scholz („Bazooka“) erinnern mich an die „blühenden Landschaften“
von Helmut Kohl oder an „Die Rente ist sicher“ von Norbert Blüm. Ihre Aussagen holten beide Politiker wie ein Bumerang
wieder ein und führten zu Politikverdrossenheit.
 
Angela Merkels „Ich bitte Sie, geduldig zu sein!“ ist zwar ehrlicher und realistischer.
Doch einen Ausweg aus der Falle zeigt die Kanzlerinbisher nicht auf. Nur NRW-Ministerpräsident Armin Laschet macht
sich schon mal Gedanken. Er sagte, jetzt sei die Zeit, Maßstäbefür die Rückkehr ins soziale und öffentliche Leben zu entwickeln.

Ausweg aus der Falle?

Asoziales Verhalten legen selbst schon Eliten an den Tag, die bisher über Zweifel erhaben waren: Kasper Rorsted, der hochdekorierte
Vorstandschef von Adidas, zum Beispiel. Er will die Mieten für seine Filialen nicht mehr zahlen. Trotz Milliardenrückstellungen und sonst
postulierter Corporate Social Responsibility. Andere werden diesem Beispiel folgen.
 
Was wir brauchen, ist ein gesellschaftlicher Konsens, jeder muss dazu beitragen. Gelingen kann das nur nach intensiver „Abwägung aller
medizinischen, sozialen, psychologischen, ethischen, wirtschaftlichen und politischen Implikationen“.
 
Die Zeit drängt. Schließlich zeigen sich schon jetzt die negativen Seiten dieses Shutdowns und die negativen Folgen einer Krisenpolitik,
die dem Gießkannenprinzip folgt – gesamtgesellschaftlich und zwischenmenschlich.
 
Wir brauchen einen Ausstieg aus dem Ausstieg, einen Ausweg aus dieser Falle.
Wir müssen die Misere vom Ende her denken – und lösen.
Es kann auf Dauer nicht nur darum gehen, gesundheitlich schwache oder alte Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, zu retten.
Die Rezession wird auch Menschenleben und Existenzen kosten. Es werden dann auch wieder die Schwächsten sein,
die zu den Opfern zählen. Dann sind es aber die wirtschaftlich Schwächsten.
 
Und die Mittelschicht macht derzeit zwar das Unmögliche möglich und schafft in traditioneller Selbstaufgabe den Dreiklang aus Arbeit,
Fürsorge für Kinder und Alte sowie gesellschaftliche Solidarität. Doch wie lange geht das noch gut?
 
Spätestens wenn die ersten Angestellten ihren Arbeitsplatz verlieren, ihre Altersvorsorge wertlos ist und der Auszug aus dem Eigenheim
droht, weil der Kredit nicht mehr bedient werden kann, wird die Stütze dieser Gesellschaft aufbegehren.
 
Festzustellen ist deshalb:

Solidarität ja, aber nicht bis zur Selbstauflösung. Oder anders ausgedrückt:
Wir können nicht aus Angst vor dem Tod gesamtgesellschaftlichen Selbstmord begehen.

 Quelle Handelsblatt vom 01.04.2020


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